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Vortrag und reger Austausch

6. Hans Kelsen Memorial Lecture am Institut für Friedenssicherungsrecht

© IIPSL

Warum 24? Gute Frage.

Am 20. November 1945 wurden genau 24 Personen vor dem Internationalen Militärtribunal in Nürnberg im holzgetäfelten Schwurgerichtssaales Nr. 600 angeklagt. Dabei hatten sich in der Zeit der Terrorherrschaft der Nationalsozialisten geradezu unzählige Personen schwerster Verbrechen schuldig gemacht. Und auch beim sog. Auschwitz-Prozess, der 1963 in Frankfurt begann, wurde nur eine vergleichsweise verschwindend geringe Anzahl an Personen strafrechtlich für das zur Verantwortung gezogen, wozu tausende von Nationalsozialisten und Unterstützern einen Beitrag geleistet haben.

Ist das gerecht?

Diese Frage gab am Abend des 18. November 2021 Dr. Ronen Steinke seinen Zuhörern mit auf den Weg. Dr. Steinke war in diesem Jahr der Gastdozent der Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law, die das Kölner Institute for International Peace and Security Law unter der Leitung von Professor Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Claus Kreß, LL.M. (Cambridge) nun schon zum sechsten Mal verantstaltet hat. Dr. Steinke hielt seinen Vortrag unter dem Titel: „A Means to an End: How Fritz Bauer used the Courtroom for a Reckoning with the German Past“.

Um 19:30 Uhr fanden sich zeitgleich interessierte Zuhörer zu Hause vor ihren Bildschirmen und – unter strikten Hygieneauflagen – im Hörsaal XIII der Kölner Universität ein und lauschten gespannt einem fesselnden Vortrag in englischer Sprache. Darin schilderte Dr. Steinke, wie der Staatsanwalt Fritz Bauer die deutsche Nachkriegsgesellschaft mit ihrer eigenen Vergangenheit zu konfrontieren suchte – und dabei selbst mit seinen eigenen Idealen haderte. Welchen Zweck hat Strafe? Welche Aufgabe kommt der Strafjustiz bei der Aufarbeitung schwerster Verbrechen zu? Und was kann Strafjustiz überhaupt leisten? 

Im Anschluss an den Vortrag entwickelte sich im Kölner Hörsaal ein interessantes Gespräch, bei dem die Zuhörer – darunter insbesondere einige junge Studentinnen und Studenten der Rechtswissenschaften – die Gelegenheit nutzten, sich mit Dr. Steinke auszutauschen. Diese Möglichkeit des persönlichen Austauschs wurde sodann bei einem kleinen, traditionellen Empfang fortgesetzt, den das Institute for International Peace and Security Law ebenfalls unter strikten Hygieneauflagen organisiert hatte.

Dr. Steinke ist ausgebildeter Jurist und als Buchautor und Journalist tätig. Im Rahmen seiner Promotion fertigte er eine völkerrechtliche Studie über die politische Funktion von Kriegsverbrechertribunalen seit 1945. Vor Kurzem erschien sein neues Werk „Terror gegen Juden – Wie antisemitische Gewalt erstarkt und der Staat versagt. Eine Anklage“. Das Institute for International Peace and Security Law bedankt sich herzlich bei Dr. Steinke für einen grandiosen und zugleich nachdenklich stimmenden Vortrag und freut sich sehr, ihn als Gastdozenten der Hans Kelsen Memorial Lecture empfangen haben zu dürfen.

Die Aufzeichnung der Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law finden Sie unter https://iipsl.jura.uni-koeln.de/veranstaltungen/kelsen-memorial-lectures.