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Benjamin Ferencz erhält Ehrendoktorwürde in Köln

Der letzte lebende Ankläger der Nürnberger Prozesse erhält die Ehrendoktorwürde der Rechtswissenschaftlichen Fakultät.

Benjamin Ferencz, Professor für Internationales Recht an der Pace University (New York), hat die Ehrendoktorwürde der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln erhalten. Aus diesem Anlass fand am 11. Februar eine Feierstunde statt, in der das Leben und die Arbeit des renommierten Praktikers und Wissenschaftlers des Völkerrechts gewürdigt wurden.

Professor Ferencz war nach dem Zweiten Weltkrieg ein Ermittler von Nazi-Kriegsverbrechen und diente als Chefankläger der US-Armee im Einsatzgruppen-Prozess. Später gehörte er zu jenen Wissenschaftlern, die entscheidend zur Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs beigetragen haben.

Der Rektor der Universität, Professor Dr. Axel Freimuth nahm an der digitalen Zeremonie zu Ehren von Benjamin Ferencz teil. Auf der Liste der Ehrengäste standen unter anderem Donald Ferencz, der Sohn von Benjamin Ferencz, Abraham Lehrer, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Peter Frank, der Generalbundesanwalt der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Joachim Bertele, der Beauftragte für Fragen des allgemeinen und besonderen Völkerrechts im Auswärtigen Amt, und Klaus Rackwitz, der Direktor der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien. Rektor Freimuth, stellte in seiner Ansprache fest, „dass es eine große Ehre für unsere Universität ist, dass Sie es akzeptiert haben, unser Ehrendoktor zu sein, einer von uns zu sein.“ Er sagte ferner, dass es Ferencz in einer Zeit des Hasses und des Todes gelungen sei, den Weg nach vorne zu zeigen, den Weg, der aus der Hölle herausführt und hilft, neu zu beginnen. „Sie haben uns allen erklärt, was es bedeutet, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und Gerechtigkeit für die Zukunft zu suchen.“ Freimuth betonte die Bedeutung der internationalen Beziehungen für die Universität und die enge Verbindung zu Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen weltweit. „Die Ehrendoktorwürde ist das Symbol für diese enge akademische Freundschaft.“

Professor Dr. Ulrich Preis, der Dekan der Fakultät, betonte, dass der Name „Benjamin Ferencz“ Grund genug für die Verleihung der Ehrendoktorwürde sei: „Dr. Ferencz‘ fast lebenslanger Beitrag zur internationalen Justiz kann nur als herausragend bezeichnet werden“, sagte er. „Mit der Ehrung verbinden wir die Hoffnung, dass Dr. Ferencz‘ Nürnberger Engagement und das Vermächtnis seiner nachfolgenden Arbeit, die auf der großen Idee von Nürnberg aufbaut, auch langfristig Bestand haben werden.“

Preis schloss: „Für unsere Fakultät ist die Aufnahme von Dr. Ferencz in das erlesene Kollegium ihrer Ehrendoktoren ein wertvoller und nachhaltiger Ansporn, auch weiterhin unseren wissenschaftlichen Beitrag zur Unterstützung von Dr. Ferencz‘ großer Vision der internationalen Gerechtigkeit zu leisten.“

Der Kölner Straf- und Völkerrechtler Professor Dr. Claus Kreß erinnerte an die traurige Tatsache, dass die Nazis Professor Hans Kelsen wegen seiner jüdischen Herkunft aus der Universität Köln vertrieben. Kelsen, der Rechtstheoretiker, Verfassungsrechtler und Völkerrechtler von Weltruf, sollte später der US-Regierung bei der Ausarbeitung der Londoner Charta helfen, die zur Rechtsgrundlage für den Nürnberger Prozess wurde. Kreß wies auch darauf hin, dass Professor Hermann Jahrreiß, der Nachfolger von Professor Hans Kelsen in Köln, einer der Verteidiger bei den Nürnberger Prozessen war und später Rektor der Universität zu Köln wurde.

„Die Frage ist, ob das Wirken von Professor Jahrreiß als Rektor der Universität Köln die letzte sichtbare große Verbindung Kölns zu Nürnberg bleiben soll. Wir glauben, dass dies nicht der Fall sein sollte“, sagte Kreß.

In seiner Laudatio erinnerte Professor Dr. Stephan Hobe, Inhaber des Lehrstuhls für Völkerrecht, Europarecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht an Benjamin Ferencz‘ Karriere als Anwalt für die USA, zunächst als Mitglied des Nürnberger Anklageteams von Telford Taylor, dann als Chefankläger im sogenannten „Einsatzgruppen-Fall“, in dem alle 22 Angeklagten verurteilt wurden. Ab den 1970er Jahren arbeitete er an der Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs. Dieser wurde 1998 mit der Verabschiedung des Römischen Statuts für den Internationalen Strafgerichtshof Realität.

Hobe bezeichnete die Leistung von Ferencz‘ Arbeit als Paradigmenwechsel in der internationalen Politik und im Völkerrecht: dass Aggression, nachdem sie jahrhundertelang den normalen Verlauf der internationalen Politik bestimmt habe, nun strafbar sei.

Hobe schloss: „Ich darf abschließend wiederholen, dass die Kölner Rechtswissenschaftliche Fakultät der Meinung ist, dass das lebenslange Engagement von Herrn Benjamin Ferencz für die internationale Justiz ein großartiges Beispiel ist. Ihre Vita ist ein langes Leben im Dienste der internationalen Justiz. Dies ist der Grund, warum wir so demütig sind und uns alle in Anerkennung Ihrer Persönlichkeit und Ihrer enormen beruflichen Leistungen verneigen. Wir sind sehr dankbar, dass Sie unser kleines Zeichen der Wertschätzung angenommen haben.“

Professor Dr. Benjamin Ferencz, der das 100. Lebensjahr vollendet hat, begrüßte das Publikum in einer vorab aufgezeichneten Botschaft. Donald Ferencz, selbst Jurist, vertrat seinen Vater während der Zeremonie und richtete seine Worte der Anerkennung an das Publikum. Benjamin Ferencz sagte:

„Wir sind heute Nachmittag auf ergreifende Weise an einen wichtigen Übergang erinnert worden – sowohl für die Universität Köln selbst als auch für Deutschland als Nation – von den sehr dunklen Tagen der Diskriminierung und Verfolgung zu wesentlich helleren Tagen der Wahrnehmung einer führenden Rolle bei der Förderung der Herrschaft des Rechts.“

„Die Ehrendoktorwürde aus den Händen derjenigen zu erhalten, die für die Ausbildung der nächsten Generation von Fackelträgern verantwortlich sind, ist eine große Genugtuung.“

Über die Veranstaltung wurde in der Kölnischen Rundschau, dem Kölner Stadtanzeiger, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Legal Tribune Online berichtet.