Am 24. September 2020 fand unter Leitung von Prof. Dr. Körber das erste Webinar des Instituts für Energiewirtschaftsrecht (EWIR) der Universität zu Köln statt. An der Diskussion zu dem Thema „REMIT – Best Practices, Enforcement und aktuelle Entwicklungen in Deutschland und Europa“, die pandemiebedingt über Zoom stattfand, nahmen über 60 interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wissenschaft und Praxis teil.
Die REMIT (Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts Text von Bedeutung für den EWR, Abl. EU 2011, Nr. L 326/1) dient der Bekämpfung von Insider-Handel und Marktmanipulation auf dem Energiegroßhandelsmarkt. Zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung der Verordnung, wird die nationale Regulierungsbehörde bei der Überwachung des Energiegroßhandels von der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) unterstützt. Anlass des Webinars war die im April dieses Jahres veröffentlichte 5. ACER Guidance zur Auslegung der REMIT, die stärker als die Vorgängerversionen auf die Begriffsdefinition und die Veröffentlichung von Insider-Informationen eingeht.
Dazu referierte aus Sicht der Regulierungsbehörde Herr Dr. Thomas Müller, Referatsleiter der Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas. Damit sich eine Information als eine der Veröffentlichungspflicht unterliegende Insider-Information i.S.d. REMIT qualifizieren ließe, müsse diese insbesondere einen erheblichen Einfluss auf die Preise der Energiegroßhandelsprodukte haben. Entscheidend sei, ob ein vernünftiger Marktteilnehmender die Information als Grundlage für marktrelevante Entscheidungen verwenden würde (Konzept des „reasonalbe market participant“). Hier gab Herr Müller den Unternehmen wichtige Auslegungshinweise an die Hand. Er wies darauf hin, dass die Veröffentlichung von Insider-Informationen ab dem 1. Januar 2021 ausschließlich über sog. Inside-Information Platforms (IIPS) zu erfolgen habe und appellierte an die Marktteilnehmenden, bei Hinweisen über auffälliges Marktverhalten mit der Behörde in Austausch zu treten.
Den Unsicherheiten und Problemen der Unternehmen bei der Bewertung, ob eine Information der Veröffentlichungspflicht i.S.d. REMIT unterliegt, widmete sich Herr Gerd Stuhlmacher (Partner bei Luther Rechtsanwälte und Leiter des Münchner Energy Teams) im zweiten Referat. Mit Blick auf den Begriff der „Insider-Information“ kritisierte er, dass die ACER Leitlinien keine hinreichenden Anhaltspunkte für die praktische Auslegung enthielten und veranschaulichte dies anhand zweier Beispiele aus der britischen Regulierungspraxis (Intergen und SSE Generation). Kritik äußerte Herr Stuhlmacher auch am Konzept des „reasonable market participant“, sowie daran, dass ACER offengelassen habe, wen die Veröffentlichungspflicht letztlich trifft.
In der anschließenden Diskussion bestätigte sich die Unsicherheit der Marktteilnehmenden hinsichtlich der Einordnung einer Information als Insider-Information i.S.d. REMIT. Herr Stuhlmacher würde insofern eindeutigere Leitlinien begrüßen. Diesbezüglich zeigte Herr Müller Verständnis und versicherte, dass sich die BNetzA zwar an den ACER Vorgaben orientiere, ihr Vorgehen aber vornehmlich an den Besonderheiten des deutschen Energiemarkts ausrichte und dabei insbesondere bestrebt sei, Rechtsunsicherheiten für die Marktteilnehmenden zu vermeiden.