Am 23. November 2017 richtete das Institute for International Peace and Security Law unter der Leitung von Professor Dr. Dr. h.c. Claus Kreß LL.M. (Cambridge) seine zweite Hans Kelsen Memorial Lecture on International Peace and Security Law aus, welche feierlich im Neuen Senatssaal begangen wurde.
Die Veranstaltungsreihe des Institutes, das seit 2012 besteht, ist dem Andenken an Hans Kelsen gewidmet. Hans Kelsen lehrte nach seinem Ruf an die Kölner juristische Fakultät an der Universität zu Köln und übte das Amt des Kanzlers aus, bevor er 1933 durch die Nationalsozialisten vertrieben wurde. Nicht zuletzt zu Ehren seiner herausragenden Bedeutung als Völkerrechtler ist Hans Kelsen Namensgeber der Vorlesungsreihe, die jedes Jahr eine führende Autorität des internationalen Rechts an die Universität zu Köln einlädt. Der ersten, die Reihe eröffnenden, Einladung folgte im vergangenen Jahr Professor Scott Shapiro von der Yale University. Im Rahmen der Veranstaltung am 17.11.2016 wurde zugleich die offizielle Eröffnung des Institute for International Peace and Security Law gefeiert.
In diesem Jahr durfte das Institut Professor Sarah Cleveland begrüßen. Professor Cleveland ist Louis Henkin Professorin für Menschenrechte und Verfassungsrecht an der Columbia University in New York, sowie Mitglied des UN-Menschenrechtsausschusses.
Nach feierlicher Begrüßung durch Professor Kreß, trug Professor Cleveland zu dem Thema „Strengthening Legal Protections in Modern Armed Conflict“ vor.
In ihrem Vortrag beleuchtete Cleveland eine der zentralen Herausforderungen des Rechts der bewaffneten Konflikte, die daraus erwächst, dass der internationale bewaffnete Konflikt äußerst umfassend geregelt ist; der nicht-internationale bewaffnete Konflikt hingegen nur in dem gemeinsamen Artikel 3 der Genfer Konventionen und – soweit ratifiziert – in Zusatzprotokoll II. Dies führe nicht nur zu erheblicher Rechtsunsicherheit, sondern auch zu Schutzlücken im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt – dessen Opferzahlen seit 1945 jene des internationalen bewaffneten Konflikts deutlich übersteigen.
In der Folge präsentierte Professor Cleveland eindrucksvoll zwei Lösungsmöglichkeiten der Problemstellung. So beleuchtete sie zum einen die Möglichkeit der Anwendung der Menschenrechte im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt. Diese stünden nicht in Konkurrenz zum Recht der bewaffneten Konflikte, sondern seien vielmehr als zusätzlich anwendbar zu verstehen.
Zum anderen thematisierte sie die Möglichkeit der unilateralen Anwendung der Regeln des internationalen bewaffneten Konfliktes im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt. Hinter dieser Methode der einseitigen Erklärung verberge sich jedoch, soweit sie in der Praxis bereits angewendet würde, zum einen noch eine vielmehr politische Entscheidung als der Wille zu einer verbindlichen Rechtserklärung. Zum anderen geschehe die Anwendung der Regeln des internationalen bewaffneten Konflikts nicht umfassend, sondern bislang nur in speziellen Konstellationen.
In Reaktion auf diese Herausforderung berichtete Professor Cleveland, eine Forschungsgruppe, bestehend aus internationalen Experten, ins Leben gerufen zu haben, die die Anwendbarkeit der Regeln des internationalen bewaffneten Konfliktes auf den nicht-internationalen Konflikt Norm für Norm überprüft hat. Die Arbeit dieses Projektes ebnet den Weg dafür, dass Staaten in Zukunft unilaterale Erklärungen über die Anwendbarkeit gewisser Regelungen des internationalen bewaffneten Konflikts auch für den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt rechtlich verbindlich abgeben können sollen.
Der Vortrag von Professor Cleveland bot den Gästen der Second Hans Kelsen Memorial Lecture beim anschließenden Empfang im Hauptgebäude sowie den Mitarbeitern des Institutes am darauffolgenden Tag bei einem privaten Seminar mit der Rednerin die überaus schöne Möglichkeit, in eine vertiefte Diskussion einzutreten.
Das Team des Institute for International Peace and Security Law dankt Professor Kreß von Herzen für die Ermöglichung dieses erneut hochspannenden wissenschaftlichen Austausches und blickt bereits mit Freude der dritten Hans Kelsen Memorial Lecture im kommenden Jahr entgegen.