Am 9. April 2024 veranstaltete das Institut für Energiewirtschaftsrecht (EWIR) einen Workshop zu dem Thema „Der Anschluss- und Benutzungszwang – Königsweg zur Wärmewende oder ‚Klimaschutz mit der Brechstange‘?“.
Ziel dieses Workshops war es, Herausforderungen, die sich in Bezug auf einen Anschluss- und Benutzungszwang (ABZ) für Kommunen und Fernwärmeversorger in praktischer und rechtlicher Hinsicht ergeben, zu diskutieren. Dazu waren ein Referent aus der Praxis, Holger Fröhlich (Rechtsanwalt [Syndikusrechtsanwalt], Rheinenergie AG, Köln) und einer aus der Wissenschaft, Prof. Dr. Christian Pielow (Geschäftsführender Direktor des Instituts für Berg- und Energierecht der Ruhr-Universität Bochum), eingeladen.
Nach der Begrüßung der Teilnehmer und Vorstellung der Referenten durch den Direktor des EWIR, Prof. Dr. Torsten Körber, LL.M. (Berkeley), widmete sich Holger Fröhlich als erster Referent den Vor- und Nachteilen eines Anschluss- und Benutzungszwangs aus Sicht eines kommunalen Versorgungsunternehmens.
Eingangs stellte er dem Plenum die Ausgangsfrage des Workshops, ob der Anschluss- und Benutzungszwang „Königsweg zur Wärmewende“ oder „Klimaschutz mit der Brechstange“ sei. Die Mehrzahl der Teilnehmer tendierte zur zweiten Alternative.
Sodann sprach der Referent über die Ziele der Wärmewende und die gesetzliche Grundlage des Anschluss- und Benutzungszwangs in der Gemeindeordnung NRW und den klimaschutzbezogenen Normen in § 16 EEWärmeG bzw. nunmehr § 109 GEG. Bei der anschließenden Aufbereitung der Vor- und Nachteile des Anschluss- und Benutzungszwangs ging er vertieft auf die Probleme aus Sicht eines kommunalen Versorgungsunternehmens ein. Zudem bezog er den Teilnehmerkreis mit ein, sodass diese gemeinsam weitere Vor- und Nachteile erarbeiten konnten.
Im Anschluss an diese lebhafte Diskussion stellte der Referent noch einige Hemmnisse des Fernwärmeausbaus dar und stellte erneut die Ausgangsfrage des Workshops. Das Meinungsbild hatte sich nun leicht gedreht und eine knappe Mehrheit sprach sich für den Anschluss- und Benutzungszwang als „Königsweg“ aus.
Im zweiten Vortrag des Abends folgte die rechtliche Betrachtung eines Anschluss- und Benutzungszwangs für die Fernwärme durch Prof. Dr. Christian Pielow.
Zunächst stellte er als Ausgangslage die politischen Zielvorgaben für die Wärmenetze bis 2045 und den Investitionsbedarf für den nötigen Ausbau dar. Anschließend untersuchte der Referent den allgemeinen Rechtsrahmen eines Anschluss- und Benutzungszwangs im deutschen Recht. So sei etwa in der Gemeindeordnung NRW in § 9 oder teilweise auch im Immissionsschutzrecht (§ 8 LImSchG Brbg.) die Möglichkeit eines Anschluss- und Benutzungszwangs verankert.
Anschließend ging der Referent dezidiert auf die Tatbestandsvoraussetzungen zur Anordnung eines Anschluss- und Benutzungszwangs nach Veröffentlichung des GEG und WPlG 2023 ein. Zentraler Aspekt der Rechtmäßigkeit eines Anschluss- und Benutzungszwangs sei die Verhältnismäßigkeitsprüfung. Für die Kommunen ergebe sich hier ein detailliertes und anspruchsvolles Prüfprogramm hinsichtlich Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit im Einzelfall im Zusammenspiel mit Übergangs-und Härtefallregelungen sowie Befreiungen.
Wegen der skizzierten schwierigen Rechtslage bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit handele es sich bei der Option des Anschluss- und Benutzungszwangs zusammenfassend und bis dato eher um ein „stumpfes Schwert“ als um eine „Brechstange“ oder den „Königsweg“.
Die mit ca. 75 Teilnehmern (online und in Präsenz) gut besuchte Veranstaltung endete mit einem geselligen Beisammensein mit Buffet und Getränken auf Einladung des Fördervereins des Kölner Instituts für Energiewirtschaftsrecht. Professor Körber lud dazu ein, dem Förderverein beizutreten und verwies auf den entsprechenden Link auf der Webseite des EWIR (https://ewir.jura.uni-koeln.de/foerderverein).
Die nächsten Workshops aus der Wärmewende-Reihe finden am 17. Juni, 10. Oktober und 18. November 2024 an der Universität zu Köln statt. Weitere Informationen finden Sie unter https://ewir.jura.uni-koeln.de/infobereich/ewir-workshops.
Bericht: Institut für Energiewirtschaftsrecht