Mit der jährlich stattfindenden Vorlesungsreihe soll der bedeutende Rechtstheoretiker, Staatsrechtler und Völkerrechtler Hans Kelsen geehrt werden, der nach seinem Ruf an die Kölner Juristische Fakultät an der Universität zu Köln lehrte und das Amt des Dekans ausübte, bevor er 1933 von den Nationalsozialisten vertrieben wurde. Zu seinen Ehren wird jedes Jahr eine Autorität des internationalen Rechts an die Universität zu Köln eingeladen. Im vergangenen Jahr folgte Professor Sarah Cleveland, Louis Henkin Professorin für Menschenrechte und Verfassungsrecht an der Columbia University in New York, der Einladung des Instituts.
In diesem Jahr begrüßte das Institut als Festrednerin Frau Dr. Sarah Nouwen, die zum Thema „Peace Through Law? International Norms, Transitional Justice and the Negotiation of Peace in the Sudans“ sprach. Frau Nouwen ist stellvertretende Direktorin des Lauterpacht Centre for International Law an der Universität Cambridge und eine weltweit anerkannte Größe zu Fragen der Transitional Justice.
Nach einer feierlichen Begrüßung durch Professor Kreß gab Dr. Sarah Nouwen ihrem Vortrag einen sehr schönen Rahmen. Sie wies darauf hin, dass Hans Kelsen seinerzeit Doktorvater von Sir Hersch Lauterpacht – dem Begründer und Namensgeber ihres Instituts – war und deswegen die Verbindung ihres Instituts mit der hiesigen Veranstaltungsreihe eine ganz natürliche sei.
Von Hans Kelsen und seiner Auseinandersetzung mit der Verbindung zwischen Recht und Frieden schlug sie sodann auch die Brücke zur heutigen brennenden Frage, wie in Post-Konflikt-Gesellschaften die Transition von Krieg zu Frieden zu erreichen ist.
Diese Frage aufgeworfen, stellte sie verschiedene Konzeptionen der Transitional Justice vor, die sich zwischen einer deontologischen Sicht auf die Transitional Justice als Möglichkeit zur Verwirklichung von Menschenrechten in Post-Konflikt-Gesellschaften und einer konsequentialistischen Sichtweise der Transitional Justice als Werkzeugkasten zur Erreichung verschiedener Ziele in Post-Konflikt-Gesellschaften bewegten. Sodann ging sie auf die Rolle des IStGH in Konfliktsituationen ein und brachte als Positivbeispiel Kolumbien an, wo der IStGH durch gleichzeitige Präsenz und Zurückhaltung wohl den Friedensprozess beförderte.
Sie betonte, dass sich Juristen mit der konkreten Umsetzung bzw. Nichtumsetzung von individuellen Friedensabkommen beschäftigen müssten, um ein vollständiges Bild ihres normativen Wertes zu erhalten. Jedenfalls wäre es fatal und würde in Enttäuschung innerhalb der Gesellschaft münden, so Nouwen, würden politische Erwartungen mit rechtlichen Normen gleichgesetzt werden.
Neben diesen spannenden Auseinandersetzungen mit dem noch so jungen Rechtsgebiet der Transitional Justice waren es vor allem die Berichte über Interviews, die sie mit ehemaligen Konfliktparteien, politischen Akteuren und Überlebenden in Uganda und dem Sudan führte, die das Publikum bewegten.
Dieser inspirierende Vortrag von Dr. Sarah Nouwen bot den Gästen der Third Hans Kelsen Memorial Lecture sodann beim anschließenden Empfang im Hauptgebäude sowie den Mitarbeitern des Institutes am darauffolgenden Tag bei einem privaten Seminar mit der Rednerin die schöne Möglichkeit, in eine vertiefte Diskussion einzutreten.
Das Team des Institute for International Peace and Security Law dankt Professor Kreß ganz herzlich für die Ermöglichung dieses einmal mehr gelungenen wissenschaftlichen Austausches und blickt mit Freude der bereits vierten Hans Kelsen Memorial Lecture im nächsten Jahr entgegen!
Weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe finden Sie übrigens unter http://www.iipsl.jura.uni-koeln.de/kelsen-memorial-lectures.html. Für Rückfragen wenden Sie sich bitte ans Sekretariat des Instituts.