Es war der bis dahin heißeste Tag des Jahres: Während draußen im Schatten Temperaturen von über 36 Grad Celsius erreicht wurden, versammelten sich am 25.06.2019 munter Studierende und völkerrechtlich Interessierte in der Bibliothek des Instituts für Friedenssicherungsrecht, um einem vielversprechenden Vortrag zu lauschen.
Professor Yohei Okada von der Kobe University, der sich in diesem Jahr als Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg aufhält, erörterte Aspekte zu der Frage, wer im Falle des Versagens einer VN-Friedensmission, Zivilisten vor einem Völkermord zu beschützen, rechtlich zur Verantwortung getragen werden kann. Dabei wurden zwei Fallbeispiele aus den 1990-er Jahren angeführt, in denen es zu einer solchen Situation des Versagens der sogenannten VN-Blauhelmtruppen kam: Der Völkermord an den Tutsi in Ruanda 1994 sowie der Genozid an der muslimischen Bevölkerung von Srebrenica 1995. Während in Ruanda belgische Soldaten dem Massaker tatenlos zusahen und extremistische Hutumilizen gewähren ließen, trifft der Vorwurf in Srebrenica die niederländischen Soldaten, die damals den Zivilisten, die in ihren Kasernen Zuflucht gesucht hatten, keinen Schutz boten und sie so den serbischen Truppen ausgeliefert waren. Doch sind in solchen Situationen die jeweils die Truppenkontingente zur Verfügung stellenden Staaten für den entstandenen Schaden heranzuziehen? Oder müssen die Vereinten Nationen als Organisation haften, weil eigentlich sie die operative Befehlsgewalt über die von ihnen koordinierten und durchgeführten Friedensmissionen innehaben?
Professor Okada schilderte eindrücklich seine Gedanken zu diesen spannenden Fragen und bewertete in diesem Zusammenhang auch die einschlägige belgische bzw. niederländische Rechtsprechung. Die angetanen Zuhörerinnen und Zuhörer nutzten im Anschluss an den Vortrag begeistert die Gelegenheit, mit Professor Okada in eine intensive Diskussion zu dem Thema einzusteigen, sodass sich ein reger Gedankenaustausch entwickelte und die hohen Außentemperaturen ganz in Vergessenheit gerieten.
Geleitet wurde die Veranstaltung in englischer Sprache von Professor Claus Kreß, dem Direktor des Instituts für Friedenssicherungsrecht. Er selbst ist Fakultätsbeauftragter für den Austausch der Kölner Fakultät mit Japan und verbrachte das vergangene Wintersemester an der Universität Kyoto als Gastwissenschaftler. Hierdurch kam auch der Kontakt zu Professor Okada zu Stande.