Am 26.6.2019 fand das 9. Internationale Symposium des Instituts für Europäisches und Internationales Insolvenzrecht der Universität zu Köln statt, das in diesem Jahr gemeinsam mit dem Zentrum für Europäisches Wirtschaftsrecht der Universität Bonn veranstaltet wurde.
Der Einladung in das Kölner Hyatt Regency folgten hochrangige Referentinnen und Referenten aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden sowie ein mit knapp 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stark besetztes Auditorium aus Vertreterinnen und Vertretern der Insolvenzrechtswissenschaft und Insolvenzpraxis.
Das diesjährige Symposium, geleitet von Prof. Dr. Christoph Thole (Direktor des Instituts für Europäisches und Internationales Insolvenzrecht, Universität zu Köln) und Prof. Dr. Moritz Brinkmann (Direktor des Instituts für deutsches und internationales Zivilverfahrensrecht, Universität Bonn), stand im Zeichen der Umsetzung der Richtlinie über den präventiven Restrukturierungsrahmen, die passenderweise am Veranstaltungstag im Amtsblatt der Europäischen Union verkündet wurde.
Zum Auftakt steckte Prof. Dr. Florian Jacoby (Universität Bielefeld) den Anwendungsbereich des in das nationale Recht zu implementierenden Restrukturierungsrahmens ab und zeigte auf, welche Rückwirkungen sich daraus auf die dem deutschen Recht bekannten Insolvenzgründe ergeben. Er empfahl, den Zugang zu dem präventiven Restrukturierungsrahmen Unternehmen zu gewähren, die zwar drohend, aber noch nicht endgültig zahlungsunfähig seien. Insofern könne auf bekannte Maßstäbe zurückgegriffen werden, um der Richtlinie zu genügen, die von der „wahrscheinlichen Insolvenz“ als Zugangsvoraussetzung spricht. Probleme bereite die Frage, wie die Verhandlungen über den Restrukturierungsplan im Rahmen der Fortführungsprognose zu berücksichtigen seien, auf die es bei der Prüfung des Eröffnungsgrundes der Überschuldung ankommt. Sofern mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Erfolg der Verhandlungen ausgegangen werden könne, rechtfertige dies eine positive Fortführungsprognose. Müsse mit einem Scheitern der Restrukturierung gerechnet werden, bleibe es dagegen bei der Antragspflicht wegen Überschuldung.
Im zweiten Vortrag des Tages widmete sich Dr. Anne Deike Riewe (Rechtsanwältin, Köln) dem Zwangsvollstreckungsmoratorium. Die Referentin zog Parallelen zu bestehenden insolvenzrechtlichen Vollstreckungsverboten und beleuchtete ausgehend davon mögliche Probleme bei der Umsetzung des Vollstreckungsmoratoriums, das den Verhandlungen über den Restrukturierungsplan Schutz vor Akkordstörern bieten soll.
Darauf folgte das Referat von Dr. Gerrit Hölzle (Insolvenzverwalter und zugleich Privatdozent der Universität Bremen) zur Umsetzung der Richtlinienvorgaben über den Restrukturierungsplan in das deutsche Recht. Damit das Insolvenzverfahren, das seit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) praxisbewährte Sanierungsinstrumente bereithalte, neben dem präventiven Restrukturierungsrahmen nicht zu einem „Sanierungsverfahren der letzten Chance“ degradiert werde, sei bei der Richtlinienumsetzung Zurückhaltung geboten. So schlägt der Referent vor, die möglichen Planinhalte auf die finanzielle Restrukturierung zu beschränken und operative Maßnahmen der Sanierung im Insolvenzverfahren vorzubehalten. Außerdem befürchtet der Referent Fehlanreize durch den Restrukturierungsplan zugunsten der Gesellschafter und zu Lasten der Gläubiger.
Den Gegenstandpunkt bezog im folgenden Vortrag Prof. Dr. Carsten Schäfer (Universität Mannheim), der ein besonderes Augenmerk auf die Stellung der Gesellschafter im Restrukturierungsrahmen legte. Der Referent betonte, dass es die gesellschaftsrechtlich fundierte Stellung der Gesellschafter zu wahren gelte und er lehnte aus diesem Grund die zwangsweise Einbeziehung der Gesellschafter in das Planannahmeverfahren ab. Gleichwohl komme die formale Einbeziehung der Gesellschafter in Betracht; es sei aber sicherzustellen, dass die Planannahmeentscheidung nur mit der gesellschaftsrechtlich erforderlichen Mehrheit zustande komme.
Nach der Mittagspause untersuchte Prof. Dr. Christoph Thole den Umsetzungsbedarf hinsichtlich der Richtlinienvorgaben über den Schutz neuer Finanzierungen und Zwischenfinanzierungen sowie sonstiger Transaktionen. Insofern bestehen nach seiner Auffassung aus deutscher Perspektive keine Umsetzungsnotwendigkeit und kein Umsetzungsbedürfnis, weil die bestehenden Anfechtungs- und Schadensersatztatbestände jeweils an weitere qualifizierende Merkmale anknüpften und die Richtlinie dies auch zulasse.
Im Anschluss warf Rechtsanwalt Prof. Dr. Stefan Reinhart (FPS, Frankfurt am Main) ein Schlaglicht auf die kollisionsrechtliche Dimension internationaler Restrukturierungsfälle. Er konstatierte, das bestehende internationale Insolvenzrecht sei nicht ausreichend „fit“, um internationale Restrukturierungsfälle zu bewältigen. Im Anwendungsbereich der EuInsVO könnten die sich – insbesondere im Hinblick auf mögliche „Sekundärrestrukturierungsverfahren“ – ergebenden internationalrechtlichen Probleme allerdings vermieden werden, indem eine ausschließliche Antragsbefugnis des Schuldners für das Restrukturierungsverfahren angeordnet wird. Die Praxis werde künftig vor besondere Herausforderungen gestellt, wenn es gelte, grenzüberschreitende Restrukturierungspläne zu gestalten.
Das Symposium rundete schließlich ein Seitenblick auf den Umsetzungsprozess in Österreich und den Niederlanden ab. Prof. Dr. Andreas Konecny (Universität Wien) gewährte aufschlussreiche Einblicke in die Arbeit der zur Umsetzung der Richtlinie gebildeten Kommission des österreichischen Justizministeriums, der er angehört. Zum Abschluss berichtete Prof. Dr. Rolef de Weijs (Universität Amsterdam) von der in den Niederlanden lebhaft geführten Debatte um die Richtlinienumsetzung, insbesondere mit Blick auf die sog. relative priority-Regel.
Insgesamt verlief das Symposium sehr erfolgreich und stieß auf positive Resonanz, nachdem es geglückt ist, die bevorstehenden Umsetzungsschritte umfassend zu würdigen. In seinem Schlusswort bedankte sich Prof. Dr. Christoph Thole insbesondere bei den Mitgliedern des Fördervereins des Instituts, die das Symposium finanziell unterstützt hatten.