Am 30. Januar 2019 hielt Professor Katzenmeier einen Vortrag vor der Kölner Juristischen Gesellschaft (KJG) zu „Rechtsfragen der Digitalisierung des Gesundheitswesens“. Die Veranstaltung fand im Plenarsaal des Oberlandesgerichts Köln statt. Wissenschaftler, Praktiker und auch Studierende waren der Einladung der KJG gefolgt, um mehr über die drängenden Rechtsfragen der auch den Gesundheitssektor immer stärker ergreifenden digitalen Transformation zu erfahren und darüber zu diskutieren. Der Vortrag erfuhr großen Zuspruch, trotz des mittags einsetzenden kräftigen Schneefalls in Köln war der Plenarsaal des OLG am Abend voll besetzt.
Nach einer Einführung durch den Vorsitzenden der KJG, Herrn Professor Mansel, beleuchtete Professor Katzenmeier in seinem Vortrag Chancen und Risiken des fortschreitenden technologischen Wandels im Gesundheitswesen. Nach Ausführungen zu den Entwicklungen der modernen Medizin, insbesondere Veränderungen der Krankenbehandlung in Zeiten der Systemmedizin, zeigte er die Notwendigkeit, die Möglichkeiten aber auch die Grenzen rechtlicher Regulierung anhand zentraler Themenkomplexe auf. Ein riesiger Markt entwickelt sich bei mobile Health-Anwendungen. Bezüglich sogenannter Gesundheits-Apps verdeutlichte Professor Katzenmeier die Problematik der Datenübermittlung durch Versicherungsnehmer zwecks Belohnung gesundheitsbewussten Verhaltens. Einzelne Versicherungen gewähren mittlerweile Gutscheine oder Prämiennachlasse für die Übertragung sensibler Daten über Lebensführung, sportliche Aktivität und Ernährungsverhalten mittels Gesundheits-Apps. Das „Pay as you live“-Angebot ist für Gesunde zwar verlockend, langfristig kann es aber nicht nur zu einer Entsolidarisierung in unserem Gesundheitssystem führen, die freiwillige Selbstüberwachung macht den Einzelnen auch manipulierbar und unfrei.
Elektronische Gesundheitskarte, Telemedizin, Künstliche Intelligenz und Robotik waren weitere Themenschwerpunkte des reichhaltigen Vortrags. Auch in der Medizin gehört künstliche Intelligenz zu den großen Hoffnungsträgern. Ihr Einsatz verspricht eine bessere Gesundheitsversorgung, Assistenzsysteme können zu einem längeren selbstbestimmten Leben und zu einer Entlastung der Pflege beitragen. Dennoch besteht aufgrund potentiell undurchsichtiger Entscheidungskriterien und möglicher Überwachung ein gewisses Unbehagen. Professor Katzenmeier zeigte die zentralen Konfliktlinien zwischen Innovation, medizinischem Fortschritt und technischer Machbarkeit einerseits, individuellen Rechtsgütern, objektiven Werten sowie ethischen Grundprinzipien andererseits auf. Er reflektierte rechtliche und ethische Grenzen autonomer Systeme, die sich im Gesundheitswesen etwa in Gestalt von Pflegerobotern etablieren. Schließlich thematisierte er die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Arzt-Patienten-Verhältnis. Professor Katzenmeier verdeutlichte, warum Digitalisierung in erster Linie nicht ein Technik-Thema, sondern ein soziales Thema ist. Als zentrale Herausforderung bezeichnete er die Justierung von Innovationsoffenheit und Innovationsverantwortung.
An den Vortrag schloss sich eine lebhafte Diskussion an, die noch im Foyer des OLG bei Kölsch und einem Buffet auf Einladung der KJG fortgesetzt wurde.
Die schriftliche Fassung des Vortrags erscheint in der Schriftenreihe der Kölner Juristischen Gesellschaft sowie in Heft 4/2019 der Zeitschrift „Medizinrecht (MedR)“.
Wiss. Mit. Lukas Reitebuch, Institut für Medizinrecht, Universität zu Köln