In regelmäßigen Treffen mit Vertretern des Landesjustizprüfungsamtes werden Positionen und Argumente ausgetauscht. Die Kommunikation ist gut. Das zeigte auch die lebhafte Diskussion im vergangenen November, hier wurden unterschiedlichste Meinungen und Ansichten ausgetauscht.
Das Podium war hochkarätig besetzt und versprach eine interessante Diskussion und diese Erwartung wurde nicht enttäuscht. Gudrun Schäpers, Präsidentin des Landesjustizprüfungsamtes saß neben Prof. Heribert Hirte, MdB und Prof. Dauner-Lieb. Dazu gesellten sich Prof. von Coelln (ein entschiedener Gegner des Schwerpunktes) und Vito Tamburo, zweiter Vorsitzender der Bundesfachschaft Jura. Moderiert wurde die Veranstaltung von Herrn Dr. Deckenbrock.
Nach einer kurzen Einleitung durch Herrn Dr. Deckenbroch, der nicht nur die Diskussionsteilnehmer vorstellte, sondern auch den Hintergrund der Schwerpunkteinführung beleuchtete, leitete dieser zu Gudrun Schäpers über.
Frau Schäpers gab einen Einblick in die Arbeit der Kommission, welche unter anderem die Bundeseinheitlichkeit der juristischen Ausbildung untersuchte. Sie betonte, dass der Ausschuss die Wichtigkeit des Schwerpunktes erkannt habe, und diesen auch weitestgehend erhalten wolle. Jedoch seien bei der Untersuchung von 40 juristischen Fakultäten teilweise starke Abweichungen aufgefallen. Deswegen wurde der Fokus auf einige Fragestellungen gelegt. Die Prüfungsanforderungen der einzelenen Bundesländer wurden in Augenschein genommen. Auf dieser Grundlage wurden Vorschläge erarbeitet, die der weiteren Diskussion zugrundeliegen sollen.
1. Reduktion der Gewichtung des Schwerpunktes von 30 % auf 20 %
2. damit einhergehend Reduktion der SWS
3. Vereinheitlichung der Prüfungsanzahlen von 3 Stück, mindestens aber eine davon schriftlich
Die Justizministerkonferenz erkannte die Ergebnisse aus dem Ausschuss als Diskussionsgrundlage an und erlaubte damit, die Diskussion um eine Änderung in der juristischen Ausbildung zu eröffnen. Frau Schäpers erklärte zum Hintergrund, dass die erste Änderung einer Änderung des DRiG bedürfe und es deswegen eines bundesgesetzlichen Verfahrens bedürfe, das die Justizministerkonferenz nicht einleiten könne.
Prof. Dr. Christian von Coelln, der erst vor wenigen Jahren ein flammendes Plädoyer zur Abschaffung des Schwerpunktes gehalten hatte, vertritt diesen Standpunkt auch weiterhin. Er sieht die geplante Reform als einen Schritt in die richtige Richtung, der Schwerpunkt binde Lehrkapazitäten, wodurch der Pflichtfachstoff zu kurz komme. Die Reform würde die Fakultäten entlasten. Außerdem habe die Schwerpunktnote aktuell ein geringes Gewicht, wird sie doch von vielen herausgerechnet. Man müsse „die Dinge in ein vernünftiges Maß rücken". Prof. Dr. Barbara Dauner-Lieb zeigte sich hier anderer Meinung. Sie steht für einen vollständigen Erhalt des Schwerpunktes, vielleicht sogar eine Ausweitung. Eine Standardisierung ist für sie der falsche Weg, ein Einheitsjurist kann nicht das Ziel der juristischen Ausbildung sein.
Der Schwerpunkt leistet, was dem Examen nocht fehlt – er geht auf eine Digitalisierung und Internationalisierung ein, die in der späteren Berufspraxis von elementarer Bedeutung ist.
Prof. Dr. Hirte schließt sich ihr weitestgehend an. Er betont, dass durch den Schwerpunkt eine Spezialisierung und Praxisnähe der Studierenden erreicht werde. Der Schwerpunkt sei ein Alleinstellungsmerkmal der Fakultäten. „Im Wesentlichen ist die Sache geglückt.“, sagt er. Jedoch sieht er Verbesserungsbedarf, was die Vergleichbarkeit betrifft. Die geplanten Änderungen könnten laut ihm für weitere Probleme sorgen. Infolge einer Änderung müssten alle Prüfungsordnungen geändert werden, dadurch würden zum Beispiel Berufungsverfahren ins Stocken geraten.
Vito Tamburo erinnerte daran, wie unser Studiengang überhaupt heißt: „Rechtswissenschaft“. Man wolle lernen, wissenschaftlich zu arbeiten, sich zwei Semester in eine bislang unbekannte Materie vertiefen. Die zu erlernende Kompetenz: Der allseits einarbeitungsfähige Jurist.
Eine Änderung sei ein falsches Signal an alle Studierenden und ein Widerspruch zum damaligen Gesetzesentwurf, der für die Einführung des Schwerpunktes sorgte. Auch er sah das Problem der Vergleichbarkeit und führte ein Hamburger Beispiel an. Dort ist im Landesjuristenausbildungsgesetz festgeschrieben, dass die Noten der Fakultäten nicht zu stark voneinander abweichen dürfen. Eine Vereinheitlichung sei sogar schon auf Fakultätsebene wichtig. Das sei Schritt 1 vor einer Vereinheitlichung in den einzelnen Bundesländern. Der richtige Anknüpfungspunkt seien die Prüfungsmodalitäten, nicht die Wertigkeit des Schwerpunktes.
Im Folgenden entbrannte unter den Teilnehmern eine rege Diskussion zwischen Schwerpunktsgegnern und Befürwortern. Auch anwesende Studierende äußerten sich im Fortgang der Veranstaltung.
Für die Fachschaft Jura und die Landesfachschaft Jura war die Diskussion ein voller Erfolg. Jede Veranstaltung, die den Dialog fördert und Augen und Ohren für weitere Argumente öffnet, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Position der Studierenden ist klar: Ein Gros schätzt den Schwerpunkt in seiner bestehenden Form, Wertung und Ausgestaltung, wünscht sich aber Optimierungen, die die Vergleichbarkeit stärken.
Was nimmt man aus diesem Abend mit? Wohl, dass die Diskussion über die juristische Ausbildung nicht enden wird (so Dr. Deckenbrock). In naher Zukunft sind keine Änderungen zu erwarten, Gesetzesentwürfe gibt es nicht, der Bericht des Koordinierungsausschusses ist Diskussionsgrundlage. Das bedeutet, nun wird diskutiert. Über Vor- und Nachteile. Mit Fakultäten, Lehrstühlen, Justizprüfungsämtern und weiterhin auch mit Vertretern der Studierendenschaft. Wir sind gespannt.
Julie Tiltmann