Professor Onagi promovierte 1993 am damaligen Kriminalwissenschaftlichen Institut der Universität zu Köln bei Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Joachim Hirsch über „Die Notstandsregelung im japanischen und deutschen Strafrecht“ (erschienen im Nomos Verlag). Seit 2003 ist er Direktor des Instituts für deutsches und japanisches Strafrecht an der Universität Hokkaido (Sapporo).
Im Rahmen der fünftägigen Vorlesungsreihe „Einführung in das japanische Recht“ brachte Herr Professor Onagi interessierten Studierenden der Rechtswissenschaft sowie aus dem Fachbereich der Japanologie nicht nur die Grundzüge des japanischen Zivil-, Straf- und Verfassungsrecht näher, sondern vermittelte auch umfangreiches Hintergrundwissen zur japanischen Geschichte und Kultur. Den Besuchern der Vorlesungsreihe bot sich so die Gelegenheit, wertvolle Einblicke in die historische und kulturelle Entwicklung Japans unter dem Einfluss westlicher Rechts- und Kultursysteme zu erhalten.
Die Woche begann mit einem historischen Überblick über die japanische Kultur und Geschichte, wobei ein besonderer Fokus auf die rechtlichen und gesellschaftlichen Einflüsse durch westliche Länder wie die Niederlande, England, Frankreich, Deutschland und die USA gelegt wurde. Am Dienstag stand das japanische Verfassungsrecht im Mittelpunkt. Die Teilnehmer erhielten einen Überblick über die Verfassungsgeschichte, in deren Rahmen ausgewählte Themen wie die Feiertagsregelungen, das verfassungsrechtliche Militärverbot und die sich wandelnde Rolle des Kaisers beleuchtet wurden. Der Mittwoch widmete sich dem Zivilrecht und stellte Grundlagen und Abweichungen im Vergleich zum deutschen System vor. Sodann folgte eine Vorlesungseinheit, in dessen Zentrum die Einführung in das materielle Strafrecht und die Geschichte des japanischen StGB standen. Im Vergleich zum deutschen Rechtssystem fielen vor allem die Abweichungen bei dem Grundsatz „nulla poena sine lege“ und der Irrtumslehre sowie das Fehlen der selbstständigen Kategorie der objektiven Zurechnung auf. Es wurde zudem die Rolle der „Komplottmittäterschaft“ und ihr Vergleich zur Figur des „Täters hinter dem Täter“ thematisiert. Die Vorlesungsreihe von Herrn Professor Onagi endete mit einer überblicksartigen Darstellung des japanischen Strafprozessrechts und das Strafvollzugswesen Japans. Ein besonderer Fokus lag dabei auf dem Rechtsrahmen der Todesstrafe, die in Japan bis heute praktiziert wird. Ebenso gaben die Ausführungen zum japanischen Strafvollzugssystem und der japanischen Kriminalpolitik Anlass zur regen Diskussion.
Im Rahmen der Vorlesungsreihe von Herrn Professor Onagi wurde deutlich, wie stark das japanische Rechtssystem durch seine eigene kulturelle Geschichte sowie durch Einflüsse westlicher Rechtsmodelle geprägt ist. Die Unterschiede zum deutschen Recht offenbaren, wie Japan trotz Adaptionen eigenständige und spezifische Rechtsansätze entwickelt hat und geben Anlass zu weiterem intensiven Austausch zwischen der japanischen und deutschen Rechtswissenschaft.
Weitere Informationen finden Sie unter https://wistra.uni-koeln.de/. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an ls-wassmeruni-koeln.de.
Bericht: Linda Tiggemann