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Gesprächsreihe Internationales Strafrecht

Themen waren illegaler Tier- und Pflanzenhandel sowie späte Schwangerschaftsabbrüche.

Dr. Renate Rosenberg, LL.M. (links)

  •  „Plantdaddies and Trophyhunters“

Im Rahmen der Gesprächsreihe „Internationales Strafrecht“ war am 15.12.2022 Professor Dr. Andreas Schloenhardt zu Gast. Er ist Professor für Strafrecht an der University of Queensland in Brisbane, Australien und Honorarprofessor für ausländisches und internationales Strafrecht an der Universität Wien. Sein Vortrag trug den Titel „Plantdaddies and Trophyhunters“ und befasste sich mit dem illegalen Tier- und Pflanzenhandel; einem seiner aktuellen Forschungsschwerpunkte.

Herr Professor Schloenhardt leitete seinen Vortrag mit einem allgemeinen Überblick über den illegalen Tier- und Pflanzenhandel, seine Eigenschaften und Auswirkungen ein. Es handelt sich um einen global vernetzten Markt, der schätzungsweise zwischen 5 und 20 Milliarden US-Dollar Umsatz pro Jahr generiert. Seine negativen Folgen sind ebenso vielfältig wie gravierend: Er trägt zum Artensterben und dem Rückgang der Biodiversität bei, geht mit Tierquälerei, Ressourcenerschöpfung und der Bildung von Zoonosen einher und wird häufig von Gewalt, Bedrohungen und Korruption begleitet.

Herr Professor Schloenhardt berichtete dann über bereits bestehende internationale Abkommen gegen den illegalen Tier- und Pflanzenhandel, insbesondere im Bereich des Umweltschutzes und der Handelsregulierung. Am bekanntesten ist das CITES-Abkommen, das den Import und Export von geschützten Arten reguliert. Wenngleich es die Vertragsstaaten grundsätzlich verpflichtet, den Handel mit vom Aussterben bedrohten Arten zu untersagen, so enthält das Abkommen doch zahlreiche Ausnahmen und Schutzlücken, die von Kriminellen ausgenutzt werden. Strafrechtliche Abkommen gibt es bis dato nicht.

Der letzte Teil des Vortrags drehte sich um die Frage, ob ein neues internationales Abkommen zur strafrechtlichen Regulierung des illegalen Tier- und Pflanzenhandels abgeschlossen werden sollte, das Kriminalisierungspflichten enthält und die Kooperation der Strafverfolgungsbehörden stärkt. Diese Idee wird seit einigen Jahren unter verschiedenen Gesichtspunkten diskutiert. Herr Professor Schloenhardt stellte uns einige dieser Ansätze vor – der wohl populärste ist der Vorschlag der „Global Initiative to End Wildlife Crime“, der die Schaffung eines neuen Zusatzprotokolls zur United Nations Convention against Transnational Organised Crime (sog. Palermo-Konvention) vorsieht. Herr Professor Schloenhardt wies dabei auf die Vorteile eines solchen Zusatzprotokolls hin - insbesondere die erleichterte Umsetzbarkeit durch die Anbindung an die Palermo-Konvention und die Vereinheitlichung von Begrifflichkeiten und Strafvorschriften -, äußerte aber auch Bedenken: So wird die Kriminalisierung das Kernproblem - die hohe Nachfrage nach bedrohten Arten - nicht bekämpfen, zudem würde es durch die unterschiedliche Umsetzung in den Vertragsstaaten wieder zur Uneinheitlichkeit kommen, und schließlich mangelt es vielen Staaten am politischen Willen, das durchaus lukrative Geschäft mit bedrohten Tieren und Pflanzen konsequent zu unterbinden. Es wird sich in den kommenden Jahren zeigen, ob ein Konsens über ein strafrechtliches Abkommen gefunden werden kann und wenn ja, mit welchem Inhalt.

Im Anschluss an den Vortrag entstand eine lebhafte Diskussion über Sinnhaftigkeit, Umsetzbarkeit und Ausgestaltungsmöglichkeiten eines internationalen Abkommens, die bei Fingerfood und Getränken fortgesetzt wurde.

Bericht von Lena Wasser, Institut für ausländisches und internationales Strafrecht

 

  •  „Schwangerschaftsspätabbrüche – Ärztliches Handeln und rechtlicher Rahmen“

Am 29.11.2022 hielt Frau Dr. Renate Rosenberg, LL.M. einen Vortrag zu dem Thema „Schwangerschaftsspätabbrüche – Ärztliches Handeln und rechtlicher Rahmen“ in der Gesprächsreihe Internationales Strafrecht des Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht. Frau Dr. Rosenberg ist Fachärztin für Geburtsmedizin, spezielle Geburtshilfe und Perinatologie in Münster und absolvierte einen Masterstudiengang in Medizinrecht an der WWU Münster.

Nach einer kurzen Einführung durch Prof. Dr. Bettina Weißer skizzierte Frau Dr. Rosenberg zunächst die historische Entwicklung der Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und stellte den aktuellen rechtlichen Rahmen und die sich hieraus für Pränatalmediziner:innen ergebenden praktischen Probleme vor. Anknüpfungspunkte bildeten dabei die Entscheidung des Bundesgerichtshofes im „Berliner Zwillingsfall“ aus dem Jahre 2019 (BGHSt 65, 163) und die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Oldenburg im Falle des „Oldenburger Babys“ (NStZ 1999, 461). Eindrucksvoll schilderte Frau Dr. Rosenberg die besondere Situation in Fällen des Schwangerschaftsspätabbruchs bei Erkrankungen des Ungeborenen und die umstrittene Frage, ob dem Spätabbruch ein Fetozid vorausgehen oder eine Entbindung des Kindes mit anschließender palliativer Begleitung erfolgen sollte. Frau Dr. Rosenberg formulierte konkrete Vorschläge für eine praxistauglichere und damit rechtssichere Handhabe durch betroffene Ärzt:innen.

Im Rahmen der anschließenden Diskussion wurde Frau Dr. Rosenberg von Frau Dr. Cornelie Müller-Hofstede, Fachärztin für Humangenetik in Münster, und Herrn Prof. Dr. Alexander Scharf, Facharzt für Pränatalmedizin in Mainz, unterstützt. Neben Fragen zum „Berliner Zwillingsfall“ und dem des „Oldenburger Babys“ konnten auch einige medizinisch-praktische Fragen geklärt werden. Dann wurde besonders die Erwartungshaltung der Gesellschaft gegenüber der schwangeren Frau und ihre Perspektive in den Blick genommen. Schwerpunkt der Diskussion bildete die Frage, inwieweit das Strafrecht überhaupt das richtige Werkzeug für die Bewertung von Schwangerschafts(spät)abbrüchen darstellt. Im Hinblick auf die Fortschritte in der Humangenetik kam die Frage auf, ob Spätabbrüche durch bessere Diagnosemöglichkeiten womöglich künftig ganz verhindert werden könnten. Die lebhafte Diskussion entwickelte sich dabei immer mehr zu einem gegenseitigen Austausch, sodass auch juristische Fragestellungen der Mediziner:innen diskutiert wurden.

Bericht von Christine Untch, Institut für ausländisches und internationales Strafrecht