Erfahrungsbericht "Schülerinnen und Schüler an der Universität" von Dora Saal, Wintersemester 2015/16 bis Sommersemester 2018
Über die Möglichkeit an der Universität zu Köln als Schüler zu studieren erfuhr ich während der Mittelstufe durch meine Lateinlehrerin. Obwohl ich mich im Unterricht in der Schule öfters gelangweilt hatte, sah ich mich nicht in der Zielgruppe für das Schülerstudium, da ich mich nicht für ein bestimmtes Fach oder Fachgebiet interessierte. Meine Lateinlehrerin überzeugte mich in mehreren Gesprächen von den Vorteilen des Schülerstudiums und auch meine Eltern ermutigten mich, das Schülerstudium zu wagen. Auf der Internetseite des Projektes schaute ich mir die verschiedenen Fächer an: MINT, Philosophie und Rechtswissenschaften. Aus dieser Auswahl gefiel mir Jura am besten.
Bereits vor den Sommerferien am Ende der neunten Klasse gab ich meine Bewerbung ab und war ab dem Wintersemester 2015/16 Teil des Projektes „SchülerInnen an der Universität“ der Universität zu Köln. In der ersten Woche fand eine Infoveranstaltung für die Schülerstudenten aller Fakultäten statt. Am Anfang fiel es mir nicht leicht, die Räumlichkeiten und die Öffnungszeiten in den verschiedenen Gebäuden zu finden: zum Beispiel als ich vor dem Vorlesungsbeginn zur Freischaltung meines Accounts beim RRZK war, um auf die Unterlagen in ILIAS, der E-Learning Plattform, zugreifen zu können. Der Verantwortliche vom Studien- und Karriereberatungszentrum half mir bei der Auswahl des Kurses und ich meldete mich für die Vorlesung im Grundlagenfach „Einführung in die Rechtstheorie“ bei Prof. Dr. Wielsch an. Nach den Regeln des Projektes wurde ich für den jeweiligen Zeitraum der Veranstaltungen, falls diese in den Schulstunden lagen, vom Unterricht freigestellt.
Der Unterschied zwischen Schule und Universität wurde sofort am Anfang des Semesters deutlich: eine Vorlesung beinhaltete wesentlich mehr Informationen als eine Schulstunde und dies auf einem viel tiefergehenden Niveau. An der Universität fühlte ich mich manchmal überfordert und fehl am Platz: die Vorlesungen waren anstrengend und ich verstand nicht alles, da der Professor mir unbekannte Terminologie und Abkürzungen gebrauchte. Die „normalen“ Studierenden schienen sich bereits aus anderen Veranstaltungen zu kennen, während mir alle Gesichter fremd waren. Trotz allem hatte ich Spaß an den Inhalten der Vorlesung und genoss den Ausgleich zur Schule.
Am Ende des Semesters war ich der Auffassung, nicht genug gelernt zu haben, um an der Klausur teilzunehmen. Allerdings, weil bei Schülerstudenten eine nicht bestandene Klausur nicht als Fehlversuch gewertet wird, traute ich mich, die Klausur mitzuschreiben. Als ich mehrere Wochen später das Ergebnis bekam - 5 Punkte - war ich überrascht, froh und sehr stolz. Das Bestehen, auch wenn knapp, motivierte mich dazu, das Schülerstudium fortzusetzen. Ich wusste, dass ich als Schülerstudentin jederzeit während des Semesters aufhören durfte, ohne dafür Nachteile zu haben. Den Schülerstudenten ist ebenfalls freigestellt, ob sie zusätzlich zu den Vorlesungen an den Arbeitsgemeinschaften teilnehmen und ob sie die Klausur mitschreiben.
Im zweiten Semester waren mir die Abläufe bereits bekannt und das Anmelden verlief reibungslos. Ich wollte weiterhin nur an einem Tag pro Woche an der Universität sein und wählte deshalb ein Grundlagenfach: „Allgemeine Staatslehre“ bei Prof. Dr. Hobe. Die Doppelbelastung empfand ich nicht als unangenehm, sondern eher als Motivation. In der Schule lernte ich jetzt schneller und effizienter als vorher, wodurch sich meine Schulnoten verbesserten. Das Lernen an der Universität weckte meinen Ehrgeiz, als ich merkte, wie viele komplexe Inhalte es noch zu verstehen gab. In den Vorlesungen kam es öfter als in der Schule vor, dass intelligente Fragen gestellt wurden, die mich dazu bewegten, mich auch in meiner Freizeit mit dem Thema zu beschäftigen.
Zum Beginn der elften Klasse besuchte ich die Vorlesung „Römische Rechtsgeschichte“ bei Prof. Dr. Avenarius. Im folgenden Semester hörte ich „BGB/Schuldrecht AT“ bei Prof. Dr. Avenarius und Dr. Fischer; diesmal nutze ich die Freiheit, keine Arbeitsgemeinschaften zu besuchen und keine Klausur mitzuschreiben. Während meines letzten Schuljahres besuchte ich die Vorlesung „Grundrechte I“ bei Prof. Dr. Depenheuer. In diesem Semester nahm ich zum ersten Mal an der dazugehörigen Arbeitsgemeinschaft teil: das Arbeiten in einer kleinen Gruppe gefiel mir gut und half mir, die Inhalte zu verstehen. Außerdem erhielt ich einen Einblick in den Studentenalltag, weil ich in der AG Kontakt zu den „normalen“ Studierenden hatte und Gespräche mit dem Übungsleiter führte. In meiner Abiturphase hörte ich, ohne Teilnahme an der Klausur, die Vorlesung „Strafrecht I“ bei Prof. Dr. Waßmer.
Für mich war die Zeit des „Schülerstudiums“ eine durch und durch positive Erfahrung. Die Ansprechpartner für die Schülerstudenten an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät waren stets freundlich und hilfsbereit. Während der sechs Semester als Schülerstudentin habe ich sehr viel gelernt und eine selbstständige Arbeitsweise entwickelt. Außerdem habe ich mich mit einer anderen Schülerstudentin angefreundet. Nach dem Abitur setze ich meinen Weg an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in dem Deutsch-Französischen Bachelorstudiengang fort. Die Leistungsnachweise, die ich als Schülerstudentin erhielt und vor allem eine gewisse Routine bei den universitären Abläufen werden mir den Einstieg ins Studium sicherlich erleichtern. Ich danke allen denen, die mich für das Schülerstudium begeisterten und allen denen, die dir mir das Lernen im Rahmen des Projektes „SchülerInnen an der Universität“ ermöglichten.