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Prozessrechtsfragen bei Kartellschäden

Tagungsbericht zum dritten Symposium.

Das nunmehr dritte Symposium zum Thema „Prozessrechtsfragen bei Kartellschäden“ fand in diesem Jahr am 15.11.2019 im Neuen Senatssaal der Universität zu Köln unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Thole (Institut für Verfahrensrecht und Insolvenzrecht, Universität zu Köln) zusammen mit Prof. Dr. Stefan Thomas (Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Wettbewerbs- und Versicherungsrecht, Universität Tübingen) und Prof. Dr. Roman Inderst (Lehrstuhl für Finanzen und Ökonomie, Universität Frankfurt) statt.

Wie in den Jahren zuvor befasste sich die Tagung auch dieses Mal mit materiellrechtlichen sowie prozessualen Fragen von Kartellschadensersatzklagen. Durch die in Teilen divergierende Rechtsprechung und den mittlerweile veröffentlichen Referentenentwurf zur 10. GWB-Novelle erweist sich diese Thematik nach wie vor als besonders aktuell. Im Unterschied zu den vorangegangenen Symposien konnten durch Vorträge von Rechtsanwälten aus den Niederlanden, England und Finnland auch erstmals rechtsvergleichende Aspekte in die Diskussion einbezogen werden. Eine erfreuliche Zahl von über 100 Anmeldungen zeigte das deutliche Interesse an dieser Tagung.

Den Anfang machte, nach der Begrüßung durch Prof. Dr. Christoph Thole, der Vortrag von Dr. Wolfgang Deselaers (Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP, Köln) zum Thema „Schadensersatzrechtliche Fragen des Informationsaustauschs“. Deselaers stellte dabei insbesondere die Unterschiede zwischen „bloßem“ Informationsaustausch und Hardcore-Kartellen heraus. Darüber hinaus erfolgte eine kritische Auseinandersetzung zur Frage, ob die (vielfach kritisierte) Rechtsprechung des BGH zum Schienenkartell und die darin postulierten tatsächlichen Vermutungen auch auf die Konstellation des Informationsaustauschs Anwendung finden können.

Im Anschluss hieran wurde durch das Referat von Prof. Dr. Roman Inderst die Aufmerksamkeit auf ökonomische Fragestellungen gelenkt. Dieser widmete sich den komplexen Fragen des Schadensnachweises in Fällen außerhalb klassischer Preis-, Mengen- oder Gebietsabsprachen. Er stellt einen neuen ökonomischen Ansatz zur Berechnung des Verstoßeffektes vor und machte zugleich deutlich, dass die Stellung des gerichtlichen Sachverständigen in Kartellschadensersatzprozessen vielfältige Anforderungen mit sich bringt.

Danach referierte Prof. Dr. Christoph Thole zum Anspruchsbegriff und zum Streitgegenstand bei wiederholten Bezugsvorgängen. Das Referat zeigte die Schwierigkeiten auf, die vom GWB aufgestellten materiellrechtlichen Anforderungen an einen Schadensersatzanspruch und dessen prozessuale Durchsetzung mit den Regelungen der ZPO in Einklang zu bringen. Als kritisch und mit allgemeinen Regeln kaum vereinbar würdigte Thole die in der jüngeren Rechtsprechung zu bemerkenden Tendenzen, Grundurteile zu erlassen, ohne zu allen streitgegenständlichen Bezugsvorgängen Feststellungen zu treffen und ohne zu sämtlichen Vorgängen dem Grunde nach abschließend zu entscheiden.

Am Mittag führte der Vortrag von Prof. Dr. Meinrad Dreher (Universität Mainz) in vergaberechtliche Problemstellungen ein. Es wurden u.a. Konflikte aufgezeigt, die sich ergeben, wenn die sog. vergaberechtliche Selbstreinigung als Maßnahme zu der Wiedererlangung der vergaberechtlichen Zuverlässigkeit und kartellrechtliche Schadensersatzklagen mit entsprechenden Informationsbegehren aufeinandertreffen.

Den Abschluss bildete ein von Prof. Dr. Stefan Thomas moderiertes englischsprachiges Panel, das sich mit den nationalen Rechtssystemen anderer Länder befasste und damit rechtsvergleichende Impulse setzte. Die Referate von Onno Brouwer (Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Brüssel) zur Situation in den Niederlanden, Oliver E. Browne (Latham Watkins LLP, London) zu den Tendenzen im Vereinigten Königreich und Sari Hiltunen (Castrén Snellman Attorneys Ltd, Helsinki) zu kartellrechtlich relevanten Fällen in Finnland zeigten wichtige Ansätze für eine Weiterentwicklung auch des deutschen Kartellrechts auf.

Die Veranstaltung war auch dieses Jahr wieder durch lebhafte und ertragreiche Diskussionen zwischen Referenten und Zuhörern geprägt.