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14. Internationales Seminar in Ungarn

Studierenden- und Doktorandenseminar "The role of the state in the 21st century"

 

Im November 2017 hatten wir die Ehre, als Vertreter unserer Universität zu Köln an dem „International Students Seminar“ teilzunehmen, welches in der kleinen, gemütlichen, ungarischen Studentenstadt Pécs von der dort ansässigen juristischen Fakultät organisiert und durchgeführt wurde. Unsere Gruppe bestand aus vier Studierenden sowie zwei Doktoranden der Universität zu Köln. Die weiteren teilnehmenden Delegationen kamen aus Russland, Lettland, Polen, Ungarn, Litauen und Kenia.            
Bereits seit 14 Jahren findet das Seminar einmal jährlich statt. Die Intention ist grundsätzlich, den Studierenden zu ermöglichen, sich vorab vertieft in ein spezielles Thema des internationalen Rechts oder Verfassungsrechts einzuarbeiten und die Forschungsergebnisse vor allen Seminarteilnehmern und Organisatoren zu präsentieren. Anschließend besteht zudem die Möglichkeit, sich in Diskussionen vertieft über die jeweiligen Themen und die auftauchenden Rechtsfragen mit den anderen Teilnehmern sowie den Professoren auszutauschen. Bei jährlich wechselnden Tagungsorten verfolgen die Veranstalter der Seminarreihe zudem das Ziel, eine Plattform für den rechtlichen Dialog unter Nachwuchsjuristen und -juristinnen, die an internationalem Recht und Völkerrecht, dem Recht der Europäischen und Afrikanischen Gemeinschaft sowie dem rechtsvergleichenden Verfassungsrecht interessiert sind, zu bieten. Dabei steht der akademische Wissensaustausch im Vordergrund und nicht eine Prüfungsleistung oder Bewertung der Teilnehmer.  

Der inhaltliche Schwerpunkt des diesjährigen Seminars lag darauf, die Rechtsnatur, Rechtsentwicklung, Positionen und Handlungsformen der Staaten im 21. Jahrhundert herauszuarbeiten und dabei vor allem auf rechtliche Problematiken und Herausforderungen aufmerksam zu machen.

Das erste Panel beschäftigte sich mit dem Phänomen des „Populismus“. Im Hinblick auf das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit stellte sich hier unter anderem die Frage, wie diese als Mindestvoraussetzung für das Funktionieren konstitutioneller Demokratien und verschiedener internationaler Organisationen gewährleistet und gegen den Populismus verteidigt werden kann. Der Vortrag von zwei ungarischen Studenten setzte sich beispielsweise mit dem Aufstieg des Populismus in ihrem Land durch Victor Orban auseinander, dabei wurden die möglichen Handlungsschritte von Opposition, Gerichten und der internationalen Gemeinschaft thematisiert.  

Im zweiten Panel lag der Fokus auf der Souveränität, Identität und Ethnizität. Die Studenten erarbeiteten, dass Souveränität innerhalb und außerhalb der EU mehrere Bedeutungen hat, je nachdem, ob es sich um internationales, europäisches oder nationales Verfassungsrecht handelt. Bei der Ethnizität wurde u.a. darüber gesprochen, dass das Verständnis des Begriffs durch ethnische Zugehörigkeit, ein extrakonstitutionelles Phänomen, vorgegeben wird, welches durchaus eine rechtliche Relevanz entwickeln kann, wie etwa in Bezug auf Staatsbürgerschafts- und Wahlrechte.

Das dritte Panel behandelte die Effizienz und gute Regierungsführung und war somit auf die internen Abwicklungsprozesse von Staaten oder inter- und supranationalen Organisationen gerichtet. Der Vortrag einer polnischen Studentin beschäftigte sich mit der Frage, inwieweit Staaten rechtlich in die Privatsphäre der Bürger eingreifen dürfen, um die öffentliche Sicherheit in der Zeit der Bedrohung durch Terrorismus zu gewährleisten.

Im letzten Panel wurde über aktuelle menschenrechtliche Entwicklungen referiert. Dabei wurde auf Veränderungen in der Gegenwart aufmerksam gemacht: Die supranationalen und die internationalen Gemeinschaften treffen beispielsweise auf globale Herausforderungen wie Klimawandel, Kriege und Migration, die sowohl die Wahrnehmung der Menschenrechte als auch ihre Durchsetzung betreffen.

Zusammenfassend ermöglichte das Seminar den Teilnehmern in einem rechtsvergleichenden Ansatz sowohl die nationalen Unterschiede als auch mögliche Gemeinsamkeiten kennenzulernen und zu vergleichen. Der internationale und juristisch hochwertige Meinungsaustausch erlaubte es, zum einen die Vor- und Nachteile der eigenen Rechtsordnung in einer zunehmend globalisierten Welt, zum anderen aber auch die nationalen Unterschiede zu beleuchten.

Neben den zahlreichen Vorträgen und Diskussionen, welche ich als sehr anregend und bereichernd empfunden habe, wurde zudem ein vielfältiges Rahmenprogramm organisiert. Hierbei hatte man bei Stadtführungen, Abendessen und einer Weinverkostung viele Gelegenheiten, das Land und die Kultur Ungarns sowie die anderen Teilnehmer besser kennenzulernen und sich auszutauschen. Auch abends wurde oft noch angeregt über die Vorträge des Tages diskutiert. Diese Atmosphäre war einzigartig, denn sie gab uns die Gelegenheit, nicht nur juristisch unseren Horizont zu erweitern, sondern auch Freundschaften mit internationalen Studenten zu schließen und den kulturellen Austausch zu genießen. So ließen es sich die Delegationen der Universitäten nicht nehmen ein bekanntes Lied aus dem jeweiligen Land in Landessprache zum Besten zu geben – und obwohl man natürlich merkte, dass Juristen keine ausgebildeten Musiker sind, war die Stimmung grandios!

Zusammenfassend kann ich rückblickend sagen, dass ich sehr viele positive Erfahrungen gesammelt habe. Inhaltlich habe ich ein breiteres Verständnis für das Völkerrecht entwickelt, aber auch die Herausforderung, einen wissenschaftlichen Vortrag auf Englisch mit anschließender Diskussion vorzubereiten, hat mich persönlich weitergebracht – nicht zuletzt, weil man ansonsten in der deutschen Juristenausbildung nicht allzu viele Vorträge halten muss, geschweige denn auf Englisch. Die anfängliche Überwindung zahlt sich jedenfalls aus. Zuletzt sind auch der Kontakt und der Austausch mit den anderen Teilnehmern Erfahrungen, die ich jedem nur weiterempfehlen kann!

 

Max von Maydell

Teilnehmer des 14. ISS in Pécs

Student an der Universität zu Köln

 

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Anmerkung des Instituts für osteuropäisches Recht und Rechtsvergleichung:

Die Seminarreihe wird Ende 2017 fortgesetzt. Selbstverständlich wird auch in diesem Jahr eine Gruppe von Studierenden und Doktoranden die Universität zu Köln bei diesem Seminar vertreten. Es besteht die Möglichkeit des Erwerbs einer Schlüsselqualifikation nach § 9 Abs. 4 StudPrO 2014 oder den Nachweis über den erfolgreichen Besuch einer fremdsprachigen rechtswissenschaftlichen Veranstaltung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 JAG NRW zu erwerben.

Interessierte Studierende und Doktoranden wenden sich bitte an Herrn Samir Felich (Samir.FelichSpamProtectionuni-koeln.de) oder das Sekretariat des Instituts für osteuropäisches Recht und Rechtsvergleichung (inst.ostrechtSpamProtectionuni-koeln.de). Weitere Informationen über die Seminarreihe finden Sie auch unter: http://www.iorr.uni-koeln.de/16973.html.